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Montag, 29. August 2011

Dreißig Zeichnungen von Goethe online

Von Jugendzeichnungen bis zum Jahre 1775 findet man dreißig Handzeichnungen von Johann Wolfgang von Goethe online. Der Verleger Alfred Kippenberg, Insel-Verlag, hatte seinem Autor, dem Passauer Schriftsteller Hans Carossa, zu Weihnachten 1931 einen Faksimiledruck davon geschenkt.
 
Diese Mappe befand sich im so genannten "Seestettener Nachlaß", den die Schwiegertochter Carossas', Helene Carossa, dem Stadtarchiv Passau überlassen hat. Zum 250. Geburtstag von Goethe stellte das Stadtarchiv Passau diese Zeichnungen aus. Erfreulicherweise hat das Stadtarchiv die "Galerie" auch ins Internet gestellt und damit weltweit den interessierten Menschen eine qualifizierte Auswahl aus Goethes Zeichnungen zugänglich gemacht.

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Dreißig Handzeichnungen von Goethe - Herausgegeben wurde diese Mappe von Professor Dr. Hans Wahl, Direktor des Goethe-Nationalmuseums in Weimar, im Insel Verlag-Verlag, Leipzig, 1931/32. 

Aus seinem Vorwort zitieren wir:
" ... Die Auswahl aus den mehr als 2.000 erhaltenen Goethe-Zeichnungen ergab sich von selbst: die vielen flüchtigen Bleistiftnotizen, zum größten Teil der italienischen Zeit zugehörig und sachlich umrisshaft zur Stärkung der Erinnerung festgehalten, schieden aus, ebenso Blätter kleinen und kleinsten Formats. Auch die Gruppe, die Goethe selbst, um Goethe, den Zeichner in seiner eigenen Sammlung der Nachwelt zu überliefern, ausgewählt hatte und von fremder Hand, "vollenden" ließ, musste unberücksichtigt bleiben, weil gerade sie am wenigsten geeignet ist, die Hand Goethes zu offenbaren. Kunsthistorische Schätzungsmaßstäbe, die etwa die Einflüsse Oesers in der Jugend, Hackerts und Tischbeins in Italien nachweisen könnten, mussten hinter der Absicht zurücktreten: gerade den lehrmeisterfreien, vorbildfernen Goethe, den Zeichner Goethe schlechthin, wie er sich von der Jugend bis ins Alter selbst behauptete, zu zeigen; und zwar zu zeigen in Blättern, die er nicht unvollendet ließ, bei denen er, auch wo sie Skizzen blieben, ans Ende dessen, was er sagen wollte und konnte, gelangt war.
Natürlich ist es möglich, den Zeichner Goethe mit den Mitteln kunsthistorischer Methoden in den technischen und geschmacklichen Fluss seiner Zeit einzufügen, aber eine solche Betrachtungsart erscheint uns wenig fruchtbar, weil sie nur untergeordnete Zusammenhänge aufdecken könnte. Denn Goethes Zeichentätigkeit, so reich sie war und so ernsthaft eine Zeit lang sein Streben zur Künstlerschaft war, setzt sie sich doch aus einer Reihe von mehr oder minder nah auf einander folgenden Akzessen von Zeichenfieberzusammen. Die Zeichenkunst war ihm trotz wiederholter heftiger Umwerbung doch immer die Geliebte der Mußestunden, die ihn begleitete, so oft er seinen Lebens- und Schaffenspflichten entweichen konnte.
So spiegelt jede neue Periode weniger die Erfahrungsgewinne der vorvergangenen, als vielmehr das neue Verhältnis des Dichters und Naturerforschers zum Leben selbst, und das erste und letzte, das Goethe befragt, ist immer sein Auge. Nicht Goethe, der Schüler von Zeichenmeistern, spricht aus den dreißig Blättern zur Nachwelt, sondern Goethe der große Dilettant, der die Elemente der Kunst trotz mehrfacher Anläufe nicht voll eroberte, doch mit der Leidenschaft des Auges die Natur erfasste, um bei aller Gebundenheit an die Sehweite seines Jahrhunderts diese ebenso oft wie überraschend zu überfliegen. In solchem Sinne bietet die Mappe die künstlerisch stärksten Blätter aus Goethes Nachlassenschaft."
23.4.08/30.8.11

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