Zensur.
So spiegeln Drehbedingungen die Verhältnisse in der Endzeit der Weimarer Republik wieder. Der Film wurde relativ schnell nach Fertigstellung verboten. Die filmische Darstellung und die Handlung zeugen von einer Entindividualisierung, während die Dialoge von einer Vielschicht an gesellschaftlichen Ansichten geprägt sind. Anhand des Schicksals einer arbeitslosen Familie in der Wirtschaftskrise der 1930er veranschaulicht der Film die Not sowohl der arbeitslosen als auch der werktätigen Bevölkerung. Zwar fängt der Film mit dem Selbstmord eines verzweifelten jungen Arbeitssuchenden an, hört aber mit dem Singen des "Solidaritätsliedes" auf. So traurig ist die Lage dann doch nicht und es gibt Hoffnung. Dies zeigt mal wieder, dass Brecht keineswegs ein Pessimist war, sondern ein unversöhnlicher Optimist. Egal wie verzweifelt die Lage ist, man ist darin nicht alleine.
Kuhle Wampe oder Wem gehört die Welt?
Dudow, Brecht, Eisler: Kuhle Wampe oder wem gehört die Welt?
1932, 75 min., 35 mm, b&w
Regie: Slatan Dudow
Drehbuch: Bertolt Brecht, Ernst Ottwalt, Slatan Dudow
Musik: Hanns Eisler
Darsteller: Hertha Thiele (Annie), Ernst Busch (Fritz), Adolf Fischer (Kurt), Martha Wolter (Gerda), Lilli Schönborn (Mutter Bönike), Max Sablotzki, Gerhard Bienert
Die, denen sie nicht gefällt.
Kuhle Wampe oder Wem gehört die Welt? So lautet der volle Titel des dezidiert kommunistischen Films. Schöpfer war ein junger Bulgare, der in der deutschen Hauptstadt Theater- und Filmkunst studierte: Slatan Dudow. Mit einer kleinen Handkamera hatte er einen Dokumentarstreifen über die Wohnverhältnisse des Berliner Proletariats gedreht, der den Titel trug: "Wie wohnt der Berliner Arbeiter?" Der Dokumentarfilm gab den Ansporn, einen Spielfilm zu drehen. Das Szenarium verfassten Bertolt Brecht und Ernst Ottwalt, die Musik schrieb Hans Eisler.
"Wir hatten es schwer, unsern Film durchzubringen. Aus dem Haus gehend, verhehlten wir nicht unsere Wertschätzung des scharfsinnigen Zensors. Er war weit tiefer in das Wesen unserer künstlerischen Absichten eingedrungen als unsere wohlwollendsten Kritiker. Er hatte ein kleines Kolleg über den Realismus gelesen. Vom Polizeistandpunkt aus."
(Bertold Brecht: Kleiner Beitrag zum Thema Realismus.
Schriften zum Theater, Band II. Frankfurt am Main 1963)
Titel.
Die etwas legere Übersetzung von "Kuhle Wampe" mit einem "coolen Bauch" ist nicht korrekt. Ein Berliner Motorrad-Club, der sich diesen Namen zugelegt hat, klärt auf: "Der Begriff "Kuhle Wampe" hat nichts mit "cool" zu tun. Er kommt aus dem Berliner Raum und heißt soviel wie "leerer Bauch"." Doch dies scheint nur eine Berliner Lesart zu sein. Der Name leitet sich von der Berliner Siedlungskolonie "Kuhle Wampe" her. Sie befand sich am südlichen Ufer des Großen Müggelsees und hieß angeblich so, weil das Ufer bauchig und das Wasser selbst im Sommer kühl war. 1913 entstand hier das erste Zeltdorf, das zehn Jahre später dreihundert Menschen ein primitives Zuhause bot, die meisten unter ihnen waren Arbeiter und Arbeitslose.
Handlung.
Berlin 1931. Vater Boenicke und sein Sohn Franz sind wie hunderttausend andere auch arbeitslos, Tochter Anni hat eine schlecht bezahlte Anstellung in der Fabrik. Als Franz sich das Leben nimmt und die Familie kurz darauf ihre Wohnung räumen muss, zieht sie in die Zeltkolonie "Kuhle Wampe" vor den Toren Berlins. Anni überwirft sich mit ihrem Freund Franz, von dem sie schwanger ist, und zieht zu ihrer Freundin Gerda, die gerade ein großes Arbeitersportfest organisiert. Bei der Veranstaltung finden Anni und Franz wieder zueinander, und auf der Heimfahrt kommt es zum berühmten Schlussdialog. Kleinbürger und Arbeiter in der Berliner S-Bahn geraten über die Ursachen und Lösungen der aktuellen weltwirtschaftlichen Krise aneinander. Als ein Kleinbürger provokant fragt, wer denn die für ihn wohlgeordnete Welt verändern wolle, erwidert ihm eine Arbeiterin – und das ist das Schlusswort: "Die, denen sie nicht gefällt."
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